Die Supply Chain Planung erfolgt nach wie vor auf Basis von Volumen und berücksichtigt weder die extreme Volatilität der Rohstoff- und Energiepreise noch andere Umstände wie die Einführung von US-Importzöllen. Unter diesen Bedingungen reicht eine Berechnung auf Basis von Volumen eindeutig nicht mehr aus. Supply Chain Planer müssen auch die Preise berücksichtigen.
Folglich besteht erhebliche Unsicherheit hinsichtlich der finanziellen Lage von Unternehmen. CFOs sehen sich mit so vielen widersprüchlichen Entwicklungen konfrontiert, dass sie keine sicheren Aussagen mehr über zukünftige Finanzergebnisse treffen können. Sie benötigen kohärente Informationen von ihren Kollegen in der Produktion und Logistik, die mit ihrer eigenen Botschaft übereinstimmen. Umgekehrt ist es für den CFO unerlässlich, seinen Kollegen in der Supply Chain gute Finanzinformationen zur Verfügung zu stellen.
In vielen Unternehmen erstellen die Finanzabteilung und die Supply Chain Abteilung jeweils eigene Pläne. Dies bedeutet doppelten Aufwand. Und oft ist die Abstimmung des Finanzplans mit dem der Supply Chain die arbeitsintensivste Aufgabe von allen. Das muss nicht sein. Erstens ist ein grosser Teil der Planung in beiden Abteilungen identisch. Unsere Analyse mit den Kunden von Solventure zeigt, dass mehr als achtzig Prozent dieses Aufwands gut aufeinander abgestimmt sind. Zumindest dieser Teil der Arbeit sollte nur einmal erledigt werden müssen.
Weitere Nachteile einer getrennten Planung bestehen darin, dass zwei Versionen der Wahrheit – oder manchmal sogar zwei komplett unterschiedliche Realitäten innerhalb ein und desselben Unternehmens. Ein zusätzlicher Effekt davon, dass jede Abteilung isoliert und ohne Austausch mit anderen plant, ist die erhöhte Fehleranfälligkeit: Denn Planungen beruhen oft auf Annahmen über Parameter ausserhalb des eigenen Fachbereichs. Dies wiederum erschwert die Abstimmung der Pläne und erfordert zusätzlichen Aufwand, um eine saubere Integration sicherzustellen.
Unternehmen bemühen sich, die beiden Pläne aufeinander abzustimmen, aber oft geschieht dies nur einmal im Monat. Auf diese Weise agiert das Unternehmen vorübergehend blind und kann nicht eingreifen, wenn in der Zwischenzeit wesentliche Änderungen eintreten. Das Unternehmen arbeitet einen Monat lang mit veralteten Daten. In einer Zeit, in der schnelle Entscheidungen für das Überleben jedes Unternehmens unerlässlich sind, ist dies nicht mehr tragbar.
Getrennte Planungsprozesse in den beiden Abteilungen führen auch dazu, dass andere Abteilungen die unterschiedlichen Ansätze ausnutzen. Es ist beispielsweise nicht verwunderlich, wenn ein kaufmännischer Geschäftsführer sehr konservative Prognosen für den Finanzdirektor erstellt, aber gleichzeitig sehr optimistisch erscheint, wenn er mit Kollegen über die Lagerbestände für das folgende Jahr spricht. Schliesslich wollen Vertriebsleiter ausreichende Lagerbestände, da ihre Abteilung sonst nichts verkaufen kann. Wenn alle Abteilungen gemeinsam einen Plan erstellen, haben solche politischen Spielchen keine Chance mehr.
Aus all den genannten Gründen ist es keine Option, eine Supply Chain Planung ohne finanzielle Perspektive zu erstellen. Das ist nicht Best Practice – sondern im Gegenteil ein klassisches Worst Practice Beispiel. Bei Solventure vertreten wir diesen veralteten Ansatz nicht länger. Im Gegenteil: Wir setzen uns konsequent für Integrated Value Planning ein – eine integrierte Planung über alle relevanten Bereiche hinweg. Genau darum geht es auch in meinem Buch Rethinking Supply Chains. Darin argumentiere ich dafür, sämtliche Planungssysteme zu verbinden – also neben Supply Chain und Finance auch Sales, Marketing und HR. Denn nur so lassen sich zum Beispiel Promotion-Aktivitäten realistisch planen oder Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit richtig einschätzen. In diesem Blogbeitrag konzentrieren wir uns der Übersichtlichkeit halber jedoch ausschliesslich auf Finance und Supply Chain.
Alles beginnt mit der Absatzplanung – also einer Mengenprognose, die direkt mit dem Stückpreis verknüpft ist.
Von diesem Punkt an erhält jeder Schritt in der Supply Chain Planung eine finanzielle Dimension, die für eine korrekte Kostenberechnung notwendig ist: Rohmaterialien oder Komponenten, Arbeitskosten, variable und fixe Gemeinkosten. Die Vertriebskosten werden ganz links im Modell erfasst.
Aus diesen beiden Blöcken ergibt sich eine einfache Rechnung: Absatzprognose minus Vertriebs- und Produktionskosten ergibt den EBIT – eine zentrale Kennzahl für die Finanzabteilung.
Die Darstellung zeigt zudem den Einfluss des Produktionsplans auf das Working Capital, unterteilt in drei Komponenten:
All diese finanziellen Kennzahlen entstehen direkt aus dem Block der Produktionsplanung.
Ganz rechts wird die Planung des Anlagevermögens ergänzt – mit Investitionen (Capex) und Abschreibungen.
Diese Grafik verdeutlicht, dass die Supply Chain Planung die wichtigsten Komponenten der Finanzplanung unmittelbar bereitstellen kann. Sie berechnet auch eine Prognose der wesentlichen Daten wie EBIT, Free Cash Flow, Working Capital und eine Prognose der Bilanz.
Bei Solventure verfügen wir über Schnittstellen und Konnektoren, die es ermöglichen, Finanzdaten nahtlos in die Sales & Operations Planning einzubinden. Mit diesem Fokus können wir dem CFO in kürzester Zeit einen fundierteren Plan vorlegen.
Dadurch erhält der CFO auch konkretere Informationen über die Supply Chain, einschliesslich einer realistischen Sicht auf die physischen Grenzen von Rohstoffen und Produktionskapazitäten. Dies sollte hilfreich sein, wenn Manager eingreifen müssen, um bestimmte finanzielle Ergebnisse zu erzielen. Eine gute Prognose des Betriebskapitals und eine verbesserte Prognose der Bruttomarge unterstützen ebenfalls die Finanzpolitik.
Ein zentraler Parameter in der Diskussion zwischen Finanzabteilung und Supply Chain ist der freier Cashflow. Denn sobald dieser unter Druck gerät, muss das Unternehmen in seinen täglichen Abläufen eingreifen – um seinen Verpflichtungen gegenüber Banken oder Investoren nachzukommen. Oft sind dabei auch schnelle Resultate gefragt.
In solchen Momenten richtet sich der Blick des CFOs vor allem auf das Working Capital. Doch viele Supply Chain Verantwortliche wissen nicht genau, was der CFO mit bestimmten KPIs im Working Capital meint und warum diese für das Finanzteam so entscheidend sind. Hier braucht es noch gezielte Schulung und Coaching für die operativen Führungskräfte.
Umgekehrt erleben wir oft, dass Finanzverantwortliche Abkürzungen nehmen, weil ihnen das tiefere Verständnis für Supply Chain Zusammenhänge fehlt. Doch man kann nicht einfach blind Lagerbestände kürzen: nicht einfach blind Lagerbestände kürzen: Die Einführung eines neuen Produkts hat beispielsweise grosse Auswirkungen auf die Lagerhaltung und damit auf das Working Capital. Zudem gibt es Einschränkungen bei den Produktionskapazitäten oder der Rohstoffverfügbarkeit, diese lassen sich nicht kurzfristig ändern.
Ein besseres Zusammenspiel zwischen Supply Chain und Finance hilft dem CFO, realistisch einschätzen zu können, welche Massnahmen zur Verbesserung des Free Cashflows tatsächlich möglich sind.
Bei Solventure beobachten wir, dass viele CFOs sich von der jährlichen Budgetplanung verabschieden und zu einer monatlichen fortlaufenden Prognose übergehen möchten. Dies ist nur möglich, wenn die Vertriebs- und Betriebsplanung dem gleichen Rhythmus folgt. Wir haben gerade gezeigt, dass dies machbar ist.
Dies ändert nichts an der Tatsache, dass ein Unternehmen ein Jahresbudget als Vergleichsgrundlage verwendet, um den Fortschritt zu verfolgen oder um zu überprüfen, ob die Manager ihre Ziele erreicht haben und ihre Bonuszahlungen erhalten. Unserer Meinung nach gehören die Ressourcenzuweisung und der Investitionsplan weiterhin zum Jahresbudget.
Während eines kürzlich abgehaltenen Webinars zu diesem Thema fragten die Teilnehmer, wer die Verantwortung für diese integrierte Wertplanung übernehmen sollte. Für uns ist dies nicht der entscheidende Punkt. Wichtig ist, dass sich die beiden Abteilungen miteinander abstimmen und gemeinsam einen Plan ausarbeiten, der die Anliegen beider Seiten berücksichtigt.
Es ist wichtig zu wissen, dass es dafür noch keine gute Software gibt. Es gibt keine Standardpakete, die diese Informationen aus beiden Abteilungen gleichzeitig verwalten können. Unternehmen müssen die Integration vorerst noch selbst vornehmen.
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