Viele Supply Chain Manager haben Schwierigkeiten, ihrer Führungsebene zu erklären, dass es bei der Lieferkette um mehr als Kundenservice, Logistik oder S&OP geht. Man könnte meinen, dass die jüngsten Störungen wie COVID-19, die Blockade des Suezkanals und der weltweite Engpass bei Mikro-Leitern das Verständnis für die Bedeutung der Lieferkette verändert haben. Selbst wenn dies der Fall ist, bleibt die Frage: Welche Bedeutung hat die Lieferkette und wie können wir dies besser vermitteln?
In einem kürzlich durchgeführten Training mit Senior Supply Chain Führungskräften zum Thema „Strategy-Driven Supply Chain“ sagte einer der Teilnehmer: „Jetzt weiss ich endlich, wie ich dieses Gespräch führen kann.“ Was vermitteln wir also in diesem Training? Es sind die fünf zentralen Säulen der strategieorientierten Lieferkette, die wir im Folgenden kurz erläutern.
In unserem ersten Buch „Supply Chain Strategy and Financial Metrics“ haben wir das Konzept des Supply Chain Dreiecks aus Service, Kosten und Liquidität vorgestellt. Wir veranschaulichen, wie Unternehmen darum kämpfen, dieses Dreieck ins Gleichgewicht zu bringen. Wir erklären, dass das Ausbalancieren des Dreiecks keine Option, sondern eine Notwendigkeit ist, da es um die Optimierung des Wertes geht, gemessen anhand der Kapitalrendite. Ausserdem verbindet es die Lieferkette mit der Finanzabteilung. Lieferkette und Finanzabteilung haben im Grunde genommen dieselbe Aufgabe.
Bei Strategie geht es darum, Entscheidungen zu treffen. Ob man nun die frühen Strategien von Michael Porter betrachtet, die nachfolgenden Arbeiten von Treacy & Wiersema oder Crawford & Matthews oder neuere Werke wie „Blue Ocean Strategies“ von Kim & Mauborgne. Bei Strategie geht es darum, Entscheidungen zu treffen. Unterschiedliche Strategien führen zu einem unterschiedlichen Gleichgewicht im Dreieck. Niedrigpreis-Anbieter werden Komplexität vermeiden und ihre Vermögenswerte ausreizen, um die niedrigsten Kosten zu erzielen. Differenzierungsanbieter werden Komplexität hinzufügen und mehr Vermögenswerte benötigen, dies jedoch durch Premium-Margen kompensieren. Unterschiedliche Strategien führen zu unterschiedlichen Lieferketten und sind lediglich unterschiedliche Wege, um denselben ROCE zu erzielen.
Viele Lieferketten sind auf Kosten ausgelegt und nicht auf die Strategie abgestimmt. In unserem neuesten Buch „The Strategy-Driven Supply Chain“ schlagen wir eine Methodik vor, wie Sie die wichtigsten Werttreiber in einem Markt analysieren, Ihr strategisches Wertversprechen definieren, wie der Markt und das Wertversprechen zu Komplexität und Variabilität führen und wie Sie eine strategische Lieferkettenreaktion entwerfen, die sich in bestimmten Kosten und einem bestimmten eingesetzten Kapital niederschlägt. Die strategische Lieferkette reagiert auf das strategische Wertversprechen. Strategisch bedeutet, dass wir Entscheidungen treffen und deren Konsequenzen verstehen. Zusammen ergeben sie ein Wertmodell, das zeigt, wie wir ROCE generieren werden.
Die strategische Planung hat einen wesentlichen Einfluss auf das Gleichgewicht im Supply Chain Dreieck: auf das Komplexitätsniveau, das gewählte Service-Modell, die gewünschte Reaktionsfähigkeit und damit auf die Kostenstruktur und den Kapitaleinsatz. Auch die finanzielle Planung spielt eine zentrale Rolle. In den Budgets definieren wir Zielwerte für finanzielle Kennzahlen wie Lagerumschlag oder Working Capital und entscheiden über CAPEX, das den Umfang der fixen Assets festlegt. Budgets dienen typischerweise der Zielsetzung und sind mit Anreizsystemen verknüpft und diese Anreize prägen massgeblich das Verhalten im Dreieck. Sie können das Gleichgewicht fördern, aber auch gefährden.
Die operative Planung wiederum ist täglich mit Entscheidungen konfrontiert, in denen Interessenskonflikte im Dreieck offensichtlich werden. Beispielsweise: Soll ein Auftrag vorproduziert werden, obwohl noch keine formelle Zusage des Kunden vorliegt, um Lieferzeiten einzuhalten, auch wenn das Risiko unverkaufter Bestände entsteht? Jede Planungsebene beeinflusst das Dreieck erheblich, doch in vielen Unternehmen sind strategische, finanzielle und operative Planung voneinander entkoppelt. Diese fehlende Integration führt zu Zielkonflikten und diese Konflikte sind nichts anderes als verlorener Wert. Eine engere Verzahnung ist notwendig, um mehr Wertpotenzial zu heben.
Wie schaffen wir ein besseres Gleichgewicht im Supply Chain Dreieck? Sicher nicht allein durch gemeinsame Zielvorgaben. Aus Erfahrung weiss ich: Wenn alle für den Bestand verantwortlich sind, ist es am Ende niemand wirklich. Gleichzeitig glaube ich an starke Funktionen in Vertrieb, Operations und Finanzen, mit klaren funktionalen KPIs wie Wachstum & Marktanteil, Effizienz & Kosten oder Free Cash Flow. Doch starke Funktionen brauchen ein ebenso starkes Gleichgewicht. Deshalb schlagen wir vor, den Chief Supply Chain Officer (CSCO) ins Zentrum des Dreiecks zu stellen, mit ROCE als übergeordneter Kennzahl und integrierte Wertplanung und -durchführung (IVP&E) als Hebel.
Damit übernehmen CSCOs Verantwortung für die strategische, finanzielle und operative Planung. Nicht, weil sie die Strategie definieren sollen, sondern weil die Lieferkette den strategischen Dialog moderiert, um schärfere Entscheidungen zu ermöglichen, ähnlich wie sie heute den S&OP-Prozess moderiert. Weder die Finanzabteilung noch die Lieferkette mögen sich in dieser neuen Rolle sofort zu Hause fühlen, doch nach Jahren des Ringens um das Gleichgewicht im Dreieck ist es Zeit, den nächsten Schritt zu gehen. Mit dem richtigen Ansatz kann die Lieferkette zu einem echten Wettbewerbsvorteil werden und wir unterstützen dabei, genau das zu erreichen.
Bram Desmet beantwortet gerne alle Ihre Fragen zu den Herausforderungen Ihrer Lieferkette, zum Ausgleich Ihres Supply Chain Dreiecks und zur Umsetzung der Konzepte der strategieorientierten Lieferkette. Kontaktieren Sie Bram auf LinkedIn und teilen Sie ihm Ihre Gedanken mit!
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